Die Situation im Libanon ist düster, das Land ist «am Boden», und man spürt eine Art «nationale Hoffnungslosigkeit», wie wir sie seit unserer Ankunft hier vor über 8 Jahren noch nie erlebt haben. Es fühlt sich an, als seien die Herzen der Menschen zum Stillstand gebracht, als würde dem Land die Luft zum Atmen abgeschnürt. Vor bald einem Jahr entfachte dies die Oktober-Revolution – und zumindest während ein paar Wochen schien der Traum eines historischen Neuanfangs für viele Libanesen zum Greifen nahe. Die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Monate versetzten diesem Traum jedoch ein abruptes Ende, und verwandelten ihn stattdessen in einen Albtraum.
Am 4. August dieses Jahres erwachte der Libanon jedoch in eine Realität, die sich sogar noch als hässlicher denn alles Bisherige entpuppte; als seine Hauptstadt und deren Bevölkerung von einer der massivsten Explosionen der Weltgeschichte heimgesucht wurde. Mit voller Wucht wurde sowohl dem libanesischen Volk wie auch der Weltöffentlichkeit innerhalb von Sekundenbruchteilen das wahre Gesicht der Korruption, Gier und Selbstsucht der hiesigen Elite vor Augen geführt…
Und doch ist es nicht die Explosion des Ammoniumlagers an Beiruts Hafen allein, welche jenen Tag in die Geschichtsbücher des Libanons eingehen lassen wird, sondern vielmehr auch das brutale zerschmettert-Werden jeglicher Hoffnung auf eine Zukunft in Gerechtigkeit und Würde. Die Libanesen besitzen zwar «dank» des Bürgerkriegs und der seither herrschenden Instabilität eine enorme Willenskraft und Widerstandsfähigkeit. Es braucht aber wohl noch einiges mehr, bis der Tag kommen wird, an dem sich das Land aus der Asche erheben wird, und sich wieder echte Hoffnung breitmachen kann.