Vor einigen Jahrzehnten war der Fastenmonat Ramadan den meisten Menschen im Westen unbekannt, heute ist er eine Praxis, von der viele schon gehört haben. Doch was bedeutet er für Muslime, und welchen Einfluss hat dieses obligatorische Fasten auf unsere Beziehungen zu ihnen?
KURZE NÄCHTE – MÜHEVOLLE TAGE
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken, Kaffee und Zigaretten zu verzichten, ist eine echte Herausforderung. In Ländern mit muslimischer Mehrheit wird das gesellschaftliche Leben an den Rhythmus des Fastens angepasst. So werden in den Unternehmen die Arbeitszeiten geändert und viele Männer ruhen sich vermehrt zu Hause aus. Trotz dieser Massnahmen berichten die Zeitungen über mehr Verkehrsunfälle, gewalttätige Streitigkeiten und andere Probleme, welche auf die Reizbarkeit zurückzuführen sind, verursacht durch die strenge Enthaltsamkeit.
Auch die Frauen sind gefordert – unabhängig davon, ob sie auch noch einer externen Beschäftigung nachgehen – bereiten sie die beiden Mahlzeiten für die Familie vor: Die erste abends nach Sonnenuntergang, die zweite frühmorgens kurz vor Sonnenaufgang. Die Nächte sind also oft kurz, die Müdigkeit wächst und macht das Fasten jeden Tag noch mühevoller. Trotzdem sind am Ende des Monats viele gläubige Muslime sehr stolz darauf, diese «Säule des Islams» eingehalten zu haben!
SCHWIERIGERE UMSTÄNDE IM WESTEN
Im Westen sind die Bedingungen für die Einhaltung des Ramadans noch schwieriger. Die Unternehmen passen die Arbeitszeiten ihrer muslimischen Angestellten nicht an und das gesellschaftliche Leben läuft im gewohnten Rhythmus weiter. Nur diejenigen, die in überwiegend muslimischen Vierteln leben, können das Fasten vielleicht vollständig praktizieren.
Die anderen müssen sich unter dem doppelten Druck der Anforderungen des Ramadans und jenen eines nicht-muslimischen Umfelds abmühen. Zu ihnen gehören Männer und Frauen, die manchmal noch Monate nach dem Ramadan einen Tag hier und einen Tag dort fasten, um die Tage nachzuholen, die sie aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen nicht eingehalten haben.
ZEIT, UM VON JESUS ZU ERZÄHLEN?
Alle, die versuchen, Muslimen die Liebe Gottes nahezubringen, stellen sich die Frage, wie sie in dieser besonderen Zeit vorgehen sollen. Dies ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Viele beobachten, dass es nicht unbedingt die beste Zeit ist, um das Evangelium aktiv zu bezeugen. Die Muslime in ihrer Nähe sind vielleicht gereizt und in einem geistigen Zustand, wo sie nicht bereit sind, dein Zeugnis anzunehmen. Andere wiederum sind am Zweifeln: Sind sie auf dem richtigen Weg? Kann die Ausübung des Islams wirklich ihre Erlösung sicherstellen? Die Ungewissheit, die viele empfinden, lässt sie hoffen, dass ihnen zumindest in der siebenundzwanzigsten Nacht des Ramadans – der sogenannten Nacht des Schicksals – ein besonderer Segen zuteil wird. Diese Erwartung wird leider oft enttäuscht. Vielleicht sind sie dann aber besonders offen fürs Evangelium Jesu Christi.
WAS WIR ALS CHRISTEN TUN KÖNNEN
Abwägen, was diejenigen Muslime, mit denen wir in Kontakt stehen, bereit sind zu empfangen. Bei manchen ist es besser, ihren Wunsch zu respektieren, zu Hause in Ruhe gelassen zu werden. Andere wiederum werden einen Besuch während des Tages und ein kleines Geschenk als Ausdruck aufrichtiger Freundschaft begrüssen. Wenn sie mit dem Lesen des Korans beschäftigt sind, werden vielleicht einige von ihnen die Gelegenheit nutzen, um dich zum Beispiel zu fragen, was denn die Bibel über Jesus sagt. Und bevor du nach Hause gehst, könntest du vorschlagen, für sie zu beten und Gottes Segen für sie und ihre Familien zu erbitten: dass er ihnen Gesundheit und Erfolg bei der Arbeit schenken möge.
Am 2. April beginnt dieses Jahr der Ramadan und dauert bis zum 2. Mai. Respekt, Freundschaft, Geduld und Gebet sind nur einige der Formen, wie die Liebe Gottes den muslimischen Mitmenschen – vielleicht Nachbarn oder Arbeitskollegen – nähergebracht werden kann. Enthalte ihnen diese nicht vor, sie werden dir dafür dankbar sein.